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Nachruf Bischof em. Prof. Dr. Paul-Werner Scheele

13.05.2019

Die Katholisch-Theologische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum trauert um Bischof em. Prof. Dr. Paul-Werner Scheele, der 10. Mai 2019 verstorben ist.

Bischof em. Prof. Dr. Paul-Werner Scheele
*06.04.1928 + 10.05.2019

Bild Scheele
Am 10. Mai 2019 ist Paul-Werner Scheele gestorben. Von 1966 bis 1970 war er Professor für Fundamentaltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Bochum. 1970 wechselte er auf den Lehrstuhl für Dogmatik nach Würzburg. 1975 wurde er Weihbischof in seiner Heimatdiözese Paderborn, zu der Bochum früher gehörte. 1979 wurde er Bischof von Würzburg. Das Amt übte er bis zu seiner Emeritierung 2003 aus. In Würzburg, wo er als emeritierter Bischof lebte und wirkte, ist er gestorben. Paul-Werner Scheele war ein Pionier. Auch seine kurze Zeit in Bochum ist von diesem Pioniergeist geprägt. Die Ruhr-Universität war noch ganz jung, die Katholisch-Theologische Fakultät ebenso. Es brauchte Theologen, die verstanden, weshalb Wissenschaft und Theologie ins Revier gehören und welche Theologie und Wissenschaft hier gefragt ist: Forschung mit einem Sitz im Leben und mit Ambitionen, die durch Bodenhaftung Profil gewinnen, verbunden mit Lehre, die Menschen auch ohne akademischen Familienbackground vermittelt, wie spannend ein Fach ist und gut sich akademische Newcomer für das Lehr- und das Pfarramt machen. Paul-Werner Scheele kannte Westfalen. 1928 wurde er in Olpe geboren. Vor seiner Berufung nach Bochum arbeitete er als Pfarrer und Lehrer in Paderborn. Theologie hatte er in Paderborn und München studiert. Seine Dissertation war Johann Adam Möhler gewidmet, einem katholischen Reformtheologen des 19. Jh., der zwar durch die antimoderne Orientierung der römischen Theologie lange Zeit in die Defensive geraten war, im Umkreis der Zweiten Vatikanischen Konzils und der Erneuerung der katholischen Kirche aber wiederentdeckt wurde. Scheele hatte daran großen Anteil. Sein Pioniergeist fand vor allem in der Ökumene ein fruchtbares Arbeitsfeld. Die Promotionsschrift über Möhlers „Lehre von der Einheit der Kirche und ihre(r) Bedeutung für die Glaubensbegründung“ war eine Programmschrift, die zeigte, aus welchen Quellen eine katholische Ökumene schöpfen kann, die nicht den Zweifel an der eigenen Identität, sondern die Entdeckung der genuin christlichen Weite ins Zentrum stellt. In Bochum konnte Scheele die Einsichten seiner wissenschaftlichen Erstlingsarbeit reifen lassen; er konnte sie im akademischen Unterricht erproben und mit anderen Ansätzen ins Gespräch bringen. Fundamentaltheologie ist das Gegenteil von Fundamentalismus; die ökumenische Frage gehört zu ihrem zentralen Nervensystem: von der Gotteslehre über die Christologie und die Rechtfertigungslehre bis zur Theologie der Kirche. Als Bischof gehörte Scheele mit Joseph Ratzinger, Klaus Hemmerle, Walter Kasper und Karl Lehmann zu einer Generation theologisch hoch qualifizierter Kirchenführer, die nicht nur stets die Qualität der wissenschaftlichen Theologie an einer staatlichen Universität zu schätzen wussten, sondern auch in der Kirche selbst ihre theologische Expertise für Reformmodelle nutzbar gemacht haben – nicht immer einer Meinung, aber alle mit der Fähigkeit, zu argumentieren und im wissenschaftlichen Gespräch dazuzulernen. Paul-Werner Scheele hat die Ökumene zu einem Zentralthema auch seines bischöflichen Wirkens gemacht, vor allem im Verhältnis zum Protestantismus, dessen intellektuelle Präsenz er als echte Herausforderung der katholischen Theologie und Kirche zu schätzen gelernt hatte. Ungezählt sind seine internationalen und nationalen Mitgliedschaften, Gremienvorsitze, Autor- und Herausgeberschaften, die zu tausend kleinen Schritten der Annäherung, aber auch der differenzierten und respektvollen Unterscheidung geführt haben – und im Ganzen zu einem beeindruckenden Weg, der am Beispiel der katholischen Kirche und der evangelischen, aber auch der orthodoxen Kirchen zeigt, dass echter Glaube nicht im mindesten gewalttätig, sondern im Gegenteil friedenstiftend ist: Man muss ihn nur gut genug verstehen, offen genug vermitteln und klug genug bezeugen. Der trockene Humor seiner Heimat half ihm nicht nur über manche Frustrationen in der Ökumene hinweg, sondern spornte ihn zu immer neuen Initiativen an, ohne dass er selbst sich allzu ernst zu nehmen brauchte. Zahlreiche Schriften und Bücher, auch solche, die er als Bischof verfasst hat, beweisen seine intellektuelle Neugier, seine stupenden Kenntnisse, seinen enormen Fleiß, aber auch seine menschliche Art, Kontroversen auszutragen, aber nicht eskalieren zu lassen. Bis in seine letzte Lebenszeit hinein hat Paul-Werner Scheele regen Anteil an der Entwicklung der akademischen Theologie genommen, nicht zuletzt an seiner ersten Fakultät. Dass es gelungen ist, den Status der Bochumer Katholischen Theologie auf einer neuen Rechtsgrundlage im vollen Umfang zu erhalten und damit ein starkes Zeichen für eine zukunftsoffene Theologie zu setzen, hat ihn hoch erfreut und tief befriedigt. Die Katholisch-Theologische Fakultät gedenkt Paul-Werner Scheele mit Dankbarkeit und Anerkennung. Er gehört zum erweiterten Kreis ihrer Gründerväter. Er ist einer ihrer prominenten Gestalten, die den Bochumer Spirit bereichert und verbreitet haben.
R.I.P.
11. Mai 2019 Für die Katholisch-Theologische Fakultät PROF. DR. THOMAS SÖDING, DEKAN