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Mercur

Traditions- und Redaktionsprozesse im Buch Numeri und ihr Zusammenhang mit der Entstehung des Pentateuch

Projekt PR 2010 - 0015

Prof. Dr. Christian Frevel (Ruhr-Universität Bochum)
Prof. Dr. Aaron Schart (Universität Duisburg-Essen)
Prof. Dr. Thomas Pola (Technische Universität Dortmund)


Der Pentateuch ist in komplexen literarischen Traditions- und Redaktionsprozessen entstanden. Die diesbezügliche Forschungslage ist ausgesprochen disparat. Umstritten sind der Umfang eines nicht-priesterlichen Erzählfadens und dessen Datierung, Art und Umfang der priesterlichen Überlieferung sowie die Redaktionsprozesse, die zur Anerkennung des Pentateuchs als Tora und zur Profilierung des Kanonteils Prophetie geführt haben. Das Buch Numeri erweist sich in der jüngsten Diskussion als Brennpunkt, da die dort zusammengebundenen Texte (a) die erzählerische Brücke zwischen Sinai und Land bilden, (b) sich in ihrer literarischen Gestalt gegenüber den Texten in Gen-Lev und Dtn-Jos abheben, (c) die sozial- und institutionsgeschichtlichen Diskurse der nachexilischen Gemeinde (politische Führung, Priesteramt, Prophetie u.a.m.) spiegeln. Fragen der Endredaktion und literarischen Komposition, der literatursoziologischen Verortung und die Verbindung mit der nachexilischen Geschichte des sich formierenden Judentums sind nicht ausreichend geklärt. Von einer umfassenden Untersuchung des Buches sind neue Impulse zu erwarten:


für das Verständnis der vorpriesterlichen Überlieferung und ihrer Einbindung in den Pentateuch,
für die Konsistenz des priesterlichen Erzählfadens,
für das Verständnis der Prozesse, die zur Konstitution der Tora in frühnachexilischer Zeit geführt haben.



Das Potential der Erzählstoffe des in der Forschung lange vernachlässigten Numeribuches ist besonders hoch in Bezug auf:



das hierarchisch organisierte Priestertum. Die priesterliche Ordnung ist konstitutiv für die Herausbildung der hierokratischen Herrschaftsorganisation des Frühjudentums in hellenistischer Zeit.
die charismatischen und demokratischen Züge der nachexilischen Gemeindeorganisation. Das Numeribuch spiegelt den Diskurs zwischen Herrschaftsansprüchen im Frühjudentum im 5./4. Jh.
das Verhältnis von Halacha und Haggada, das in keinem anderen Teil der Tora so ausgeprägt ist und die spätere Entwicklung in Qumran und der frührabbinischen Literatur vorbereitet.
die separative Identitätskonstruktion des frühnachexilischen Judentums durch intolerante Aspekte, Abgrenzung nach Außen, Xenophobie und ein problematisches Verhältnis zur staatlichen Gewalt.
eine bisher wenig beachtete Haltung insbesondere in der Priesterschrift, zukunftsbezogene gesellschaftliche Ideale und Werte retrospektiv und narrativ zu verankern.



Das Projekt wird im Rahmen der UAMR-Allianz ab dem 1.1.2011 gefördert und zusammen mit Prof. Dr. Thomas Pola (Technische Universität Dortmund) und Prof. Dr. Aaron Schart (Universität Duisburg-Essen) durchgeführt. Die Homepage des Projekts befindet sich im Aufbau.