NACH OBEN

Seit Mai 2008 arbeitet am Lehrstuhl die von der DFG geförderte Emmy-Noether-Nachwuchsforschergruppe "Infinitas Dei". Sie wird geleitet von Prof. Dr. Dr. Christian Tapp.

Tabellarische Vorstellung

  • Fach: Katholische Theologie
  • Arbeitsgebiete: Fundamentaltheologie und Philosophische Grundfragen der Theologie
  • Arbeitsrichtungen: Gotteslehre, Ontologie, Dialog Naturwissenschaften.
  • Thema: "Infinitas Dei. – Der unendliche Gott und die endliche Welt im Spannungsfeld zwischen Theologie, Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften."

Ausführlichere Beschreibung

In dem Projekt geht es um die theologisch-philosophische Lehre von der Unendlichkeit Gottes.

Das Unendliche ist ein traditioneller Zentralbegriff in der dogmatischen Eigenschaftslehre und in der sog. "philosophischen Gotteslehre". Seine theologische Leistungsfähigkeit ist aber hoch umstritten: die Meinungen reichen von der Unverzichtbarkeit des Unendlichen bis zu seiner Ablehnung. Außerdem läßt sich beobachten, daß vom Unendlichen in heutigen systematisch-theologischen Werken oft relativ unspezifisch und unreflektiert die Rede ist. Das ist bei einem Zentralbegriff der Gotteslehre aber höchst unbefriedigend. Dasselbe gilt von teilweise naiven Endlichkeitsbehauptungen in den Wissenschaften, die nur die andere Seite der genannten Medaille darstellen. Von historischer Seite ist das Thema Unendlichkeit vor allem aus zwei Gründen interessant: Weil es erst in der Patristik theologisch in Anspruch genommen wurde und weil es vor dem Hintergrund der Selbstverständlichkeit, die dieser Begriff für den systematischen Theologen hat, geradezu überraschend ist, daß das kirchliche Lehramt ihn erst im I. Vatikanum verbindlich vorgetragen hat.

Diese Beobachtungen motivieren den Plan für eine systematisch-theologische Nachwuchsforschergruppe mit dem Ziel, in Auseinandersetzung mit den bisherigen Ansätzen zum Unendlichkeitsdenken in der philosophischen und theologischen Tradition die Verwendung und die prinzipielle Verwendbarkeit des Unendlichkeitsbegriffs für die Systematische Theologie zu klären. Das Projekt will einen Beitrag leisten zu dem in letzter Zeit wieder stärker wahrnehmbaren Ringen um einen rational verantworteten Gottesgedanken – einer Aufgabe, die die "fides" selbst dem "intellectus" aufgibt. Die Theologie muß sich über die Semantik ihres "allerheiligsten Wortes" klar werden, muß zu sagen versuchen, wen sie meint, was und wie. Die semantischen Potentiale symbolischer Kommunikation gilt es freizulegen, kritisch zu sichten, denkerisch zu begreifen und so gewissermaßen "geläutert" in den Dienst der Rede von Gott zurückzugeben. Dabei ist sowohl das Spektrum verschiedenster Bedeutungen zu berücksichtigen, in denen der Unendlichkeits-begriff auftritt, als auch die netzartigen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen theologischen Topoi, in denen die Rede von Endlichkeit und Unendlichkeit eine Rolle spielt (vgl. etwa Allwissenheit als Wissen einer unendlichen Menge von Wahrheiten, Ewigkeit als aktual unendliche Zeitdauer). Die Option für das Ernstnehmen der kognitiven Ansprüche des christlichen Glaubens soll sich vor der kritischen Vernunft bewähren.

Die angezielte vertiefte Reflexion des Unendlichkeitsbegriffs kann nur adäquat betrieben werden, wenn man die Bandbreite seiner Verwendung jedenfalls in Ansätzen berücksichtigt. Daher wird in diesem Forschungsvorhaben ein zentrales Teilprojekt mit zwei innertheologischen Verknüpfungs- und zwei interdisziplinären Brückenprojekten verbunden.

Das zentrale Teilprojekt des Nachwuchsgruppenleiters beschäftigt sich mit der Unendlichkeit in der Gotteslehre und der Rolle dieses Begriffs bei der Bestimmung des Gott/Welt-Verhältnisses. Die Referenzautoren sind hier Thomas von Aquin, Johannes Duns Scotus, Karl Rahner und Wolfhart Pannenberg. Ihre Texte werden mit dem Ziel analysiert, die Leitfrage nach der Leistungsfähigkeit des Unendlichkeitsdenkens für die systematische Theologie zu beantworten.

Weitere Teilprojekte sollen die genannten Fragen aus der Gotteslehre mit anderen theologischen Topoi in Beziehung setzen, zum Beispiel mit der theologischen Anthropologie, wo der Mensch als Wesen bestimmt wird, das aufgrund seiner Endlichkeit vor dem Anspruch unendlichen Sollens notwendig scheitern muß (Erbsündenlehre), oder in der Offenbarungstheologie, wenn Offenbarung als Verendlichung des Unendlichen gedacht wird.

Schließlich sind zwei weitere Teilprojekte dem interdisziplinären Dialog gewidmet. Das eine soll die in einer auszuwählenden Naturwissenschaft anzutreffenden Endlichkeitskonzeptionen aufspüren und die Frage prüfen, ob die Theologie mit ihrer Rede von dem unendlichen Gott und der endlichen Welt an einen allgemein-wissenschaftlichen Sprachgebrauch anknüpfen kann. Das andere soll die oft behaupteten Zusammenhänge zwischen mathematischem und theologischem Unendlichkeitsdenken kritisch durchdenken und herausarbeiten, ob die Mathematik als "Wissenschaft vom Unendlichen" (Weyl) für die Gotteslehre mehr sein kann als ein bloßer Metaphernlieferant.

Emmy Noether-Programm der DFG

Ziel der Förderung ist für die DFG: "Herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe verbunden mit qualifikationsspezifischen Lehraufgaben zügig für eine wissenschaftliche Leitungsaufgabe, insbesondere als Hochschullehrer zu qualifizieren."

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