NACH OBEN

Prof. Dr. Dr. Benedikt Paul Göcke

Meine Forschungen erstrecken sich sowohl auf den Bereich der theoretischen als auch auf den der praktischen und historischen Philosophie und lassen sich in drei Schwerpunkte einteilen: Wissenschaftstheorie und Metaphysik, Transhumanismus und Ethik der Digitalisierung, Karl Christian Friedrich Krause (1781–1832) und die Klassische Deutsche Philosophie.

Hier steht besonders die Frage nach der wissenschaftstheoretischen Verortung der Theologie im Mittelpunkt. Die Wissenschaftlichkeit der Theologie wird aufgrund der metaphysischen und erkenntnistheoretischen Implikationen der Theologie und ihrer konfessionellen Vorgaben oft kritisiert (Offenbarung, Existenz Gottes, Handeln Gottes in der Welt etc.). Meine Arbeit beschäftigt sich daher mit wissenschaftstheoretischer Grundlagenforschung, die den Begriff der Wissenschaftlichkeit menschlicher Tätigkeiten zu spezifizieren versucht, um darauf ba-sierend allgemeine Strukturmerkmale geistes- und naturwissenschaftlicher Forschung auszuloten und ein Demarkationskriterium zur Unterscheidung von Wissenschaften und Pseudo-Wissenschaften zu entwickeln. Darüber hinaus werden ausgehend von den wissenschaftstheoretischen Grundlagen die spezifischen Bedingungen konfessionsgebundener und wis-senschaftlicher Theologie untersucht. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die naturalistischen und atheistischen Einwände gegen die Wissenschaftlichkeit der Theologie.

(1) „Theologie als Wissenschaft? Erste Antworten auf die Herausforderun-gen von Naturalismus und Wissenschaftstheorie.“ In: Theologie und Glaube. Vol. 107/2. 2017: 113–136. (2) Mit Ruben Schneider: „Gibt es einen prinzipiellen Konflikt von Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft? Eine kurze Analyse am Beispiel des Handelns Gottes in der Welt.“ In: B. Göcke/R. Schneider (Hrsg.): Handelt Gott in der Welt? Neue Ansätze aus Theologie und analytischer Philosophie. Regensburg: Friedrich Pustet. 2017: 7–38. (3) „Did God do it? Metaphysical Models and Theological Hermeneutics.“ In: International Journal for Philosophy of Religion. Vol. 78/2. 2015: 215–231.

Theologie in Wissenschaft und Bildung beansprucht, sich zeitdiagnostisch mit wichtigen gesellschaftlichen Strömungen auseinanderzusetzen. Der Transhumanismus in seinen verschiedenen Spielarten muss mittlerweile als Teil der großen Transformationsprozesse, die das Leben des Einzelnen und der Gesellschaften insgesamt nachhaltig verändern, angesehen werden. Er hat sich zum Teil in Verbänden und Parteien organisiert und hat seine Agenda in öffentlich geförderte Forschungsprojekte wie etwa das EU-„Human Brain Project“ eingeschrieben. Selbst wenn die utopistischen Visionen einer totalen Digitalisierung der Wirklichkeit Science-Fiction bleiben, ist unbestreitbar, dass die zunehmende Abhän-gigkeit von digitalen Geräten unsere Lebenswelt und unser Verständnis von Autonomie nachhaltig verändert. Theologie und Philosophie werden gerade durch transhumanistische Projekte in die Verantwortung genommen, technologische Entwicklungen viel offensiver als bisher mit einer kritischen Grundlagenreflexion zu begleiten, um auf das dem Menschen Mögliche und ihm Dienliche solcher Technologien zu verweisen. Meine Forschung in diesem Bereich konzentriert sich zum einen darauf, die philosophische Agenda des Transhu-manismus zu analysieren und die Argumente, die gegen und für eine kybernetische Veränderung der biologischen Natur des Menschen sprechen, kritisch im Dialog mit den Neurowissenschaften und der Philosophie abzuwägen. Zum anderen forsche ich zu den religiös-kodierten Annahmen der transhumanistischen Agenda und ihrer Heilsversprechen und untersuche, inwiefern Elemente transhumanistischen Denkens aus christlicher Perspektive, etwa im Sinne der Prozesstheologie, unterstützt werden können.

(1) Designobjekt Mensch. Der Transhumanismus auf dem Prüfstand (hrsg. mit Frank Meier-Hamidi). Freiburg im Breisgau: Herder. 2018. (2) „Designobjekt Mensch?! Ein Diskursbeitrag über Probleme und Chancen transhumanistischer Menschenoptimierung.“ In: B. Göcke/F. Meier-Hamidi (Hrsg.): Designobjekt Mensch. Der Transhumanismus auf dem Prüfstand. Freiburg im Breisgau: Herder. 2018. (3) „Christian Cyborgs: A Plea for a Moderate Transhumanism.“ In: Faith and Philosophy. Vol. 34 (3). 2017: 347–364.

Karl Christian Friedrich Krause hinterließ uns ein System der Philosophie, das in der gegenwärtigen Diskussion kaum beachtet wird. Das ist verwunderlich und bedauerlich, denn Krause gilt in Spanien und Lateinamerika oft als der größte deutsche Philosoph. Er hinterließ uns das erste konsequent panentheistische System der Philosophie, das als Alleinheitsphiloso-phie von Gott und Welt eine allumfassende metaphysische Theorie darstellt, die alle wesentlichen Bereiche philosophischen Denkens vereint. Eine Auseinandersetzung mit dem Werk Krauses zeigt schnell, dass es durch seine inhaltliche Ausrichtung und argumentative Absi-cherung unmittelbar anschlussfähig an zahlreiche gegenwärtige Diskussionen, wie beispielsweise in der Nachhaltigkeitsethik, der Religionsphilosophie, der Anthropologie und der politischen Philosophie, ist. Aber nicht nur das System Krauses an sich konstituiert ein span-nendes Forschungsfeld. Die Analyse von Krauses Einfluss auf seine Zeitgenossen und ihm nachfolgende Generationen zeigt schnell, dass er zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist: So wurde beispielsweise nicht nur Arthur Schopenhauer in seinem Denken durch seine Diskussionen mit Krause beeinflusst, auch Friedrich Fröbel, der „Vater der Kindergärten“ unter-hielt wertvolle pädagogische Diskussionen mit Krause.

(1) Alles in Gott? Zur Aktualität des Panentheismus Karl Christian Friedrich Krauses. Friedrich Pustet. 2012. (2) „Karl Christian Friedrich Krause’s Influence on Scho-penhauer’s Philosophy.“ In: Robert Wicks (Hrsg.): The Oxford Handbook on Schopenhauer. Oxford: Oxford University Press. Im Erscheinen. (3) „Gott und die Welt? Bemerkungen zu Karl Christian Friedrich Krauses System der Philosophie.“ In: Theologie und Philosophie. Vol. 87. 2012. 25–45.