Die Katholisch-Theologische Fakultät trauert um Ihren Ehrendoktor Karl Lehmann
11.03.2018
Am 11. März 2018, am frühen Sonntagmorgen, ist Karl Lehmann gestorben. Der Kardinal, von 1983-2016 Bischof von Mainz, war Ehrendoktor der Katholisch-Theologischen Fakultät Bochum. In ihrer offiziellen Begründung zur Verleihung der Ehrendoktorwürde – zusammen mit Wolfgang Huber, dem ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD – erklärt die Fakultät: Karl Lehmann „hat nachgewiesen, wie sich der christliche Wahrheitsanspruch zum Toleranzgebot des modernen Staates verhält.“
Die Katholisch-Theologische Fakultät gedenkt ihres Ehrendoktors Karl Lehmann, indem sie an seinen bischöflichen Wahlspruch erinnert: „Steht fest im Glauben“ (1 Kor 16,13).
Kardinal Karl Lehmann bei seiner Ehrenpromotion im April 2017.
© RUB, Marquard
Karl Lehmann, Schüler von Karl Rahner, gehörte zu den wichtigsten und einflussreichsten Theologen und Bischöfen in der Bundesrepublik Deutschland. Er studierte Philosophie und Theologie in Rom und Freiburg. Er arbeitete als Dogmatiker im Grenzgebiet zur Exegese und zur Fundamentaltheologie. Er hat als Berater von Julias Kardinal Döpfner maßgeblich die „Königsteiner Erklärung“ (1968) der Deutschen Bischofskonferenz verfasst, die nach der Pillenenzyklika „Humanae Vitae“ die persönliche Gewissensentscheidung der Eltern betonte. Er war einer der Chefdenker der Würzbürger Synode (1971-1975), die einen Reformansatz in der katholischen Kirche Westdeutschlands nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil anstoßen wollte. Zu einem Lebensthema war ihm die Ökumene geworden. Die gründliche Arbeit der von ihm und Wolfhart Pannenberg geleiteten Studie über die Lehrverurteilungen des 16. Jahrhundert, die den Partner von heute nicht treffen, ist ein Eckpfeiler der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“, die 1999 vom Lutherischen Weltbund und vom Päpstlichen Einheitsrat in Augsburg unterzeichnet wurde und inzwischen auch von Methodistischen Weltbund, vom Reformierten Weltbund und von der Anglikanischen Kirchengemeinschaft mitgezeichnet worden ist.
Von 1987 bis 2008 war Lehmann Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In dieser Zeit hat er nicht nur die die ost- und westdeutschen Bistümer zusammengeführt. Vor allem hat er in einer Vielzahl von Initiativen einerseits die Vorstellungen der katholischen Kirche in den politischen Willensbildungsprozess der deutschen und europäischen Demokratie eingebracht, andererseits die katholische Kirche selbst in ihrer Lehre und Praxis durch den Dialog mit Wissenschaft, Kunst und Kultur, mit politischen Bewegungen und gesellschaftlichen Entwicklungen modernisiert. Ihm war klar, dass die katholische Kirche ihren Einfluss nur argumentativ geltend machen könne, auf der Höhe der fachlichen Diskussion und mit einem klaren Bekenntnis zum christlichen Menschenbild. Bei dieser Arbeit hat er sich großes Ansehen erworben, aber auch empfindliche Niederlagen erlitten, wie beim Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung, den der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, erzwungen hatte.
Mit Bochum war Karl Lehmann eng verbunden. Er hat mehrfach Gastvorlesungen an der Fakultät gehalten. Er hat die Entwicklung der Fakultät aufmerksam verfolgt und nach Kräften unterstützt, weil ihm klar war, dass im Ruhrgebiet eine starke Theologie gebraucht wird, die national und international sichtbar ist. In seiner Dankesrede zur Entgegennahme des Ehrendoktors setzte er ein starkes ökumenisches Signal: „Es genügt im ökumenischen Dialog nicht, viele Ergebnisse anzuhäufen. Sie müssen auch einer verbindlichen Beurteilung und Vereinbarung zugeführt werden“ (Herder Korrespondenz 6/2017, S. 17).
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