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Wie Schuppen von den Augen. Antrittsvorlesungen von Michael Hölscher und Gunda Werner

07.11.2025

Antritt_Werner_Hoelscher

Wer seine Meinung, Weltanschauung oder andere fundamentale Einsichten ändert, tut sich schwer, anderen Menschen diesen Wandel überzeugend zu erklären. Erzählungen über individuelle Bekehrungen oder Berufungen aus 2000 Jahren Christentumsgeschichte zeugen von diesem Problem. Unter dem Titel „Wie Schuppen von den Augen. 2000 Jahre Transformationen: erzählen – deuten – legitimieren“ haben Prof. Dr. Michael Hölscher und Prof.in Dr. Gunda Werner ausgewählte Bekehrungs- und Berufungserzählungen von Paulus bis hin zu Therese von Lisieux in ihren Antrittsvorlesungen an der Ruhr-Universität Bochum vorgestellt und analysiert.

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Wer seine Meinung, Weltanschauung oder andere fundamentale Einsichten ändert, tut sich schwer, anderen Menschen diesen Wandel überzeugend zu erklären. Erzählungen über individuelle Bekehrungen oder Berufungen aus 2000 Jahren Christentumsgeschichte zeugen von diesem Problem. Unter dem Titel „Wie Schuppen von den Augen. 2000 Jahre Transformationen: erzählen – deuten – legitimieren“ haben Prof. Dr. Michael Hölscher und Prof.in Dr. Gunda Werner ausgewählte Bekehrungs- und Berufungserzählungen von Paulus bis hin zu Therese von Lisieux in ihren Antrittsvorlesungen an der Ruhr-Universität Bochum vorgestellt und analysiert.


Michael Hölscher zeigte in seinem Vortrag, dass Lukas in der Apostelgeschichte die radikale Lebenswende des Paulus bei und in Damaskus (Apg 9,1–19) auch raumbezogen für seine Zielgruppe nachvollziehbar macht. Einerseits spielten in der Erzählung zwar bedeutungsvolle Orte wie der „Weg“ oder das „Haus“ eine Rolle, andererseits blieb der Ort der eigentlichen persönlichen Wende des Paulus auffällig unbestimmt. Im weiteren Verlauf der Apostelgeschichte tritt diese geheimnisvolle persönliche Lebenswende des Paulus ohnehin zunehmend in den Hintergrund, während die Beauftragung des Paulus zum Völkerapostel an Bedeutung gewann. Lukas baute damit Stück für Stück die Erinnerung an das Damaskusereignis um und passte es seinem eigenen Paulusbild an.

Gunda Werner stellte in ihrem Vortrag männliche und weibliche Gründungsfiguren aus der Geschichte des Christentums vor und untersuchte die mit ihnen verbundenen Bekehrungs- und Berufungserzählungen. Dabei kamen neben Augustinus von Hippo und Franziskus von Assisi, Teresa von Avila, Ignatius von Loyola, Sor Juana Inés de la Cruz und Therese von Lisieux in den Blick. In ihrer Analyse ging es am Beispiel des Themas Berufung und Bekehrung um Fragen der dogmatischen Ekklesiologie und Amtstheologie, deren positiver Zugriff auf die Kategorie der persönlichen Berufung durch Jesus Christus auf ihren mitunter gefährlichen theologischen Unterbau (so Doris Reisinger) untersucht werden müsse, um grundlegenden ausschließende Mechanismen offenzulegen. Wenn dogmatisch die Legitimät von Veränderungen auf die Praxis Jesu zurückgeführt werden soll, dann erschließt sich der enge Zusammenhang dieser beiden Vorlesungen auch vom gewählten Thema her.

Prof. Dr. Michael Hölscher hat katholische Theologie, Germanistik und Erziehungswissenschaft an der Universität Münster studiert. Nach Etappen in Graz, Edinburgh und Mainz ist er seit dem 5. Mai 2025 Professor für Exegese des Neuen Testaments an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.


Prof.in Dr. Gunda Werner hat Theologie und Philosophie in Münster studiert, nach beruflichen Etappen in Münster, Berlin, Köln und Bonn und universitären Zeiten in Bochum, Tübingen, Bonn, Graz, Columbus, Boston, New York und Berkeley ist sie seit dem 1.3.2022 Professorin für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.