NACH OBEN

Die Konstruktionen von Gruppenidentität durch religiös begründete Heiratsverbote

Literarhistorische, rechtshistorische und sozialgeschichtliche Aspekte der sog. „Mischehenfrage“ in der persischen Provinz Yehûd

Unter dem Titel „Die Konstruktionen von Gruppenidentität durch religiös begründete Heiratsverbote. Literarhistorische, rechtshistorische und sozialgeschichtliche Aspekte der sog. ‚Mischehenfrage‘ in der persischen Provinz Yehûd“ wird am Lehrstuhl ein durch die DFG gefördertes Forschungsprojekt durchgeführt, das eine relative Diachronie der alttestamentlichen Texte, die sich mit Mischehen auseinandersetzen, zum Ziel hat.
Die Auseinandersetzung mit exogamen Verbindungen findet in einer Vielzahl von Texten des Alten Testaments ihren Niederschlag, so etwa im Pentateuch (beispielsweise innerhalb der Erzelternerzählungen, Gen 16,3ff; 24; 26,34f; 27,46; 28,6-9; 29,19; 34; 36,2-6; 38, und in anderen Bereichen wie z.B. Ex 34; Num 25; Dtn 7, im deuteronomistischen Geschichtswerk (vgl. etwa Ri 3,6 oder 1 Kön 11), unter den Propheten etwa bei Maleachi (vgl. Mal 2,10-14) oder auch im Bereich weisheitlicher Literatur (z.B. Spr 1-9).
Besonders in den Büchern Esra und Nehemia (Esra 9-10; Neh 10,31; 13,23ff) steht die Auseinandersetzung mit den Ehen mit „fremden Frauen“ im Zentrum der religiös motivierten Segregation des Gemeinwesens mit dem Ziel der Homogenisierung und Identitätssicherung. Esra 9 und 10 bilden in dieser Hinsicht einen Kristallisations- und Kulminationspunkt, da die Thematik hier unter Rückgriff auf Pentateuchtraditionen zum neuralgischen Punkt der Identität der nachexilischen Gemeinde erhoben wird.
Das Forschungsvorhaben macht die Exogamieverbote in den Texten des Alten Testaments zum Gegenstand einer detailierten, interdisziplinären Erörterung. Die auffällige Häufung von Passagen, welche eine ablehnende Haltung zu sog. Mischehen einnehmen wie auch die Emphase, mit welcher ihre Folgen für Israel dargestellt werden, verweist auf die große Bedeutung des Themas. Gleichzeitig weisen Begründungsmuster und Darstellungsform ein hohes Maß an Pluralität auf.
Es soll in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, welche realen Bedrohungen mit den Mischehen verbunden wurden sowie in welchen sozialgeschichtlichen Kontexten die Exogamieverbote verankert gewesen sein könnten. Gleichzeitig sollen auch einem solchen Verbot potenziell widersprechende Texte, wie z.B. Ex 2,21f; 4,18-26; Num 12 oder Rut, eine Rolle innerhalb des Forschungsvorhabens spielen.

Sumerisches Paar auf einem Votivbett

Das Projekt hat vier grundlegende Ziele: Unter Anwendung historisch-kritischer Methoden soll erstmals eine relative Chronologie der mit der Mischehenfrage in Verbindung stehenden Texte in literargeschichtlicher Hinsicht erarbeitet werden und zwar in der gesamten Ausdehnung des alttestamentlichen Kanons. Auf diese Weise sollen Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Haltung zu Mischehen dargestellt werden. Damit stehen die unterschiedlichen Begründungsmuster und ihre literarische Funktionalisierung in Frage. Auf der Grundlage einer Geschichte der Mischehenfrage sind die theologischen, soziologischen, ökonomischen, rechtshistorischen und profan-historischen Hintergründe religiös motivierter Exogamieverbote zu untersuchen. Das Forschungsvorhaben zielt in diesem Zusammenhang durch die differenzierende Einordnung der Texte auf einen weiterführenden Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Perserzeit. Dabei soll der Textbefund mit der Diskussion der Endogamie-/Exogamiethematik innerhalb der Sozialwissenschaften und besonders der neueren Diasporaforschung korreliert werden. Gerade im Kontext der Virulenz des Themas für das perserzeitliche Gemeinwesen soll gefragt werden, inwiefern es sich bei den entsprechenden Texten um Konstruktionen im Rahmen nachexilischer Zeitverhältnisse handelt und inwieweit mit der Aufnahme und Modifikation bestehender Traditionen, die weiter zurückreichen, zu rechnen ist. Am Beispiel des frühnachexilischen Israel soll ein vertieftes Verständnis religiöser Segregation für die Identitätsbildung eines Gemeinwesens erarbeitet werden, das Licht auf konstitutive Momente des Frühjudentums und damit der jüdisch-christlichen Identität wirft und Hintergründe religiös motivierter Abgrenzungen und Instrumentalisierungen religiöser Traditionen in Positionsbestimmungen der Gegenwart verständlicher macht.




Zwischenergebnisse und Materialien

Die Konstruktionen von Gruppenidentität durch religiös begründete Heiratsverbote. Literarhistorische, rechtshistorische und sozialgeschichtliche Aspekte der sog. „Mischehenfrage“ in der persischen Provinz Yehûd (DFG-Projekt FR 2587/1-1)

Die Dateien in der linken Liste stehen zum freien Download bereit, diejenigen in der rechten Liste bedürfen eines persönlich zugeteilten Passworts.